Die elektronische Justizakte wird die Papierakte in Zukunft ersetzen. Alles was heute mit einer Papierakte möglich ist, soll auch in Zukunft mit der eAkte gemacht werden können: von der revisionssicheren Verwaltung der Akten über die Bearbeitung von PDF-Dokumenten und Aktenstücken bis hin zum Aufgabenmanagement. Deshalb wird ein System zum effizienten und benutzerfreundlichen Arbeiten mit der eAkte entwickelt: die eJustizakte-Applikation (JAA).
Staatsanwaltschaften und Gerichte werden ihre Verfahren künftig digital führen, die elektronische Akte wird die führende Akte in den Justizbehörden sein. Dies sieht der Vorentwurf des Bundesgesetzes über die Plattformen für die elektronische Kommunikation in der Justiz (BEKJ) vor. Die elektronische Akte ist Voraussetzung, damit der elektronische Rechtsverkehr (ERV) und die elektronische Akteneinsicht (eAE) über die Plattform «Justitia.Swiss» möglich werden. Das Projekt Justitia 4.0 hat deshalb von den Justizbehörden nicht nur den Auftrag, die Plattform «Justitia.Swiss» aufzubauen, sondern auch eine technische Lösung für das effiziente und nutzerfreundliche Arbeiten mit der digitalen Akte zu entwickeln – die eJustizakte-Applikation (JAA). Die Justizbehörden sind frei zu entscheiden, ob sie diese Lösung übernehmen oder eine eigene Applikation entwickeln möchten.
Als Grundtransaktionen der Plattform gelten die Eingabe, die Zustellung und die Einsicht in elektronische Akten, welche zwischen einer Justizbehörde (in der Regel in der Rolle der Verfahrensleitung) sowie verfahrensbeteiligten Organisationen/Personen (insbesondere Anwältin/Anwalt) ablaufen. In der Animation wird in vereinfachter Form das Zusammenspiel zwischen der Plattform, eJustizakte-Applikation und Fachapplikation gezeigt.
In der heutigen Papierwelt werden Aktenstücke und Dokumente in einer Mappe oder in Aktenordnern verwaltet. Textpassagen können mit Leuchtstift markiert, Randnotizen von Hand hingeschrieben und Post-its mit Handlungsanweisungen darauf geklebt werden. In der digitalen Welt wird dies anders gelöst. Die eJustizakte-Applikation (JAA) muss deshalb unter anderem die revisionssichere Verwaltung der Akten, die Bearbeitung von PDF-Dokumenten und Aktenstücken, aber auch die Möglichkeit des Aufgabenmanagements (Verwaltung und Zuweisung von Aufgaben) beinhalten. Die JAA wird die bestehenden Fachapplikationen und ihre vielfältigen Funktionalitäten nicht ersetzen, sondern ergänzen.
Um den zukünftigen Nutzerinnen und Nutzern der eJustizakte-Applikation (JAA) eine effiziente und bedarfsgerechte Lösung bieten zu können, hat das Projektteam von Justitia 4.0 diverse Vorarbeiten geleistet:
Das Projektteam entwickelte Leitsätze zur JAA. Diese Leitsätze dienen als übergeordnete Richtlinie für den Projekt-Scope, die Architekturvarianten und die Anforderungen. Sie helfen, klare Rahmenbedingungen zu schaffen und mögliche Befürchtungen zu entschärfen.
Den Justizbehörden steht es frei, die von Justitia 4.0 zu entwickelnde JAA zu verwenden oder eine andere Lösung zu wählen oder zu entwickeln. Deshalb führte Justitia 4.0 im Sommer 2021 eine Umfrage unter den Justizbehörden der Kantone und des Bundes durch. Damit konnten ihre Bedürfnisse und Absichten bezüglich der Umsetzung ihres elektronischen Arbeitsplatzes beziehungsweise der JAA geklärt werden. Die Mehrheit, nämlich 32 dieser 56 Justizbehörden (57 %), welche über 60 % (4766) der Justizarbeitsplätze verfügen, wollen eine durch Justitia 4.0 bereitgestellte umfassende JAA ohne Ersatz der heutigen Fachapplikationen.
Der Projektausschuss Justitia 4.0 hat an seiner Sitzung vom 25. März 2022 beschlossen, zwei mögliche umfassende JAA-Varianten vertieft zu prüfen. Eine Variante ist die Übernahme und Helvetisierung der Lösung aus Österreich, welche sich im Besitz des österreichischen Staates befindet. Hierfür wird aktuell eine Machbarkeitsstudie durchgeführt. Diese Variante entspricht einer Individuallösung, wobei auf einer bestehenden, etablierten Lösung aufgebaut werden könnte. Als zweite Variante wird eine gemeinsame Beschaffung am Markt via eine WTO-Ausschreibung geprüft. Diese zweite Variante entspricht einer Marktlösung.
Aktuell wird die österreichische Lösung prioritär vertieft und weitergetrieben. Gleichzeitig werden die Dokumente «funktionale Grobanforderungen» und «nicht-funktionale Anforderungen» an die JAA redigiert. Dem Projektausschuss wird nach Abschluss der Machbarkeitsstudie (Q1, 2023) eine Gegenüberstellung der Varianten Marktbeschaffung und der Weiterentwicklung der österreichischen Lösung unterbreitet.